Gemeinde Kosel

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Jan Friedrich Conrad komponiert für die berühmten Detektive / Der Heilpraktiker spricht darüber, was seine verschiedenen Berufe verbindet

Jan Friedrich Conrad ist vieles: Heilpraktiker für Psychotherapie in Eckernförde, Journalist für Musiker-Zeitschriften, Gutachter und Ausbilder an einer Medienschule in Hamburg und Zürich und Komponist für Hörspiele und Musiktheater. Am bekanntesten aber ist der 51-jährige Musiker aus Kosel für die Komposition der Titelmelodie für Die drei Fragezeichen, die von 1987 bis 2008 insgesamt 125 Folgen einleitete. Für die Folge 100 erhielt er eine Goldene Schallplatte. Bis heute produziert er die Musik zu den Abenteuern um Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews – und für viele andere Produktionen wie TKKG, Fünf Freunde und Hanni und Nanni. Redakteur Sven Raschke sprach mit ihm über das Zusammenspiel von Hörspiel und elektronischer Musik, die Gemeinsamkeiten beim Komponieren und Therapieren und über zukünftige Pläne für die berühmten Detektive. 

Herr Conrad, wie wird man Komponist für Die drei Fragezeichen? Andreas Beurmann, der Begründer der Plattenfirma Europa (heute Tonstudio Europa, Anm. d. R.), die die Serie produziert, war in Hamburg Professor für Musikwissenschaft, als ich dort 1985 Student war. Er ist der Ehemann von Heikedine Körting, die schon damals Regisseurin der Drei Fragezeichen war. Ich habe ihn nach einer Vorlesung gefragt, ob er oder seine Frau nicht Bedarf an elektronischer Musik hätten. Ich gab ihm meine Demo-Kassette und ging mit einem Skript für eine Detektivgeschichte nach Hause.

Die drei Fragezeichen? Nein, das war „Das Schlosstrio“. Damals waren Die drei Fragezeichen bei Weitem nicht so beliebt wie heute. Danach habe ich vor allem für Hörspieladaptionen von Fernsehserien komponiert: Knight Rider, Air Wolf, das A-Team. Damit war meine Musik im Archiv des Studios erste Wahl. 

Und irgendwann kam dann das Angebot für die Drei Fragezeichen? Das war kein spezielles Angebot, sondern das, was im Archiv war, wurde dann eben auch für Die drei Fragezeichen verwendet. Die Titelmelodie habe ich später von mir aus vorgeschlagen, und zufällig wurde zu dem Zeitpunkt gerade eine neue gebraucht. 

Kannten Sie die Drei Fragezeichen bereits, als sie bei Europa anfingen? Sie waren mir ein Begriff, aber ich hatte sie bis dahin noch nicht gehört. 

Man würde denken, dass Psychotherapie und Musik zwei sehr unterschiedliche Felder sind. Bei Ihnen passen sie offenbar gut zusammen? Ja, es gibt sogar viele Gemeinsamkeiten. Die wichtigste ist das Zuhören, genauer: eine professionelle Haltung im Umgang mit dem Vagen, nicht Objektivierbaren. Gefühle verstehen und eine intuitive Haltung beim Komponieren sind einander sehr nahe. Und: Wenn man Menschen im therapeutischen Prozess helfen kann, verleiht das dem Leben Sinn. Und mit Sinn im Leben hält man die innere Leere, die beim Komponieren entstehen kann – diese Frage „Was mache ich hier eigentlich?“ – besser aus. Komponieren kann nämlich sehr einsam sein. Man hat nichts Greifbares, bis es fertig ist. Da ist es sehr hilfreich, wenn man sich über den Umgang mit Menschen erden kann. 

Ihr persönlicher Stil ist sehr elektronisch geprägt. Wie fügt er sich in Die Drei Fragezeichen? Die Drei Fragezeichen sind ein sehr deutsches Phänomen – wie Hörspiele überhaupt. Dasselbe gilt auch für die elektronische Musik. Arrangements mit elektronischen Elementen sind in diesem Medium kein Fremdkörper, sondern gehen gut zusammen mit anderen, auch akustischen Instrumenten. Die klangliche Breite, die so entsteht, ist typisch für meinen Stil. Ich setze viele Synthesizer, Gitarren und andere Instrumente ein, die ich alle selbst spiele. Das funktioniert auch bei den Drei Fragezeichen sehr gut. 

Bei einem Teil der Fans ist aber gerade die von ihnen stammende Titelmelodie mit ihren elektronischen Stimmen weniger beliebt. Solche Dinge können total polarisieren. Für viele Fans spielt Nostalgie eine große Rolle. Die mögen das, womit sie aufgewachsen sind. Die verfremdete Stimme ist übrigens meine eigene, mit einem so genannten Vocoder aufgenommen. 

Wie gehen Sie an die Komposition von Musik für das Hörspiel heran? Ich arbeite nicht mit dem Skript, sondern bin immer im Dialog mit der Regie, was gerade gebraucht wird. Es heißt: Wir brauchen eine mystische Atmosphäre. Wir brauchen Schockmomente. Wobei es einen Unterschied macht, ob man für einen Horrorfilm oder ein Kinderhörspiel Schockmomente erzeugt. Ich habe mal für das Hörspiel von „Nightmare on Elmstreet“ die Musik gemacht. Das war richtig hartes Zeug. Die letzten Folgen wurden bis heute nicht veröffentlicht, weil sie dem Vertrieb zu heftig erscheinen. 

Hatten sie auch einmal einen Auftritt in einer Folge? Außer in der Titelmelodie war mein einziges Cameo in „Angriff der Computer-Viren“. In der Folge taucht ein Werbestudio auf. Ich bin in einem Werbespot und sage ein Satzfragment. Ich kann mich aber schon gar nicht mehr erinnern, was ich gesagt habe. Die Folge „Die Drei Fragezeichen und der letzte Song“, die demnächst erscheint, handelt von einem alternden Rockmusiker, und ich spiele dessen komplette Band: Gitarre, Schlagzeug, Bass und Keyboards, aber keine Stimme. 

Sind Sie selbst Fan? Fan von irgend etwas zu sein, liegt mir fern. Ich halte die Serie für gute Unterhaltung und höre es gelegentlich im Auto oder zum Einschlafen. 

Haben Sie die Sprecher kennen gelernt? Nur ganz oberflächlich, bei einer Record-Release-Party dieses Jahr. Es gibt keinen wirklichen Kontakt. Die hauptsächlich Kreativen sind die Buchautoren und die Regie. Die schaffen und prägen das Kunstwerk und führen die einzelnen Elemente zusammen, ohne dass sich Musiker und Sprecher treffen müssten. 

Sind Sie mit dem Erfolg der Drei Fragezeichen reich geworden? Es ist ein Standbein, neben meinen anderen Kompositionen, der Heilpraxis, der Hochschularbeit und dem Publizieren. Meine Frau Claudia Piehl und ich machen auch zusammen Musiktheater in Eckernförde und dem ganzen Norden. 

Woran arbeiten sie gerade? Ich arbeite weiterhin an szenischer Musik für Die Drei Fragezeichen – und an einer neuen Titelmelodie.

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 12.10.2016

Quellenangabe und Copyright:
12.10.2016 | ez | Eckernförder Zeitung, shz.de