Gemeinde Kosel

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Ruckzuck, zweimal rundherum einen tiefen Schnitt in die Linde gesägt - und der Tod des Baumes ist vorprogrammiert.

Am frühen Freitagmorgen gegen 7 Uhr soll sich die Motorsäge in die Linde an der Alten Landstraße gefräst haben. "Das hat bestimmt keine zehn Minuten gedauert", vermutet Henning Willers. Der hundertjährigen Linde sei nun nicht mehr zu helfen, denn die lebenswichtigen Leitungsbahnen sind durch die etwa zehn Zentimeter tiefen Schnitte unwiderruflich zerstört, bedauert der Leiter des Baumschutzprojekts der Naturschutzorganisation BUND. Einfach so hinnehmen will er die Zerstörung nicht. "Das ist Baumfrevel", sagt er. Rechtliche Schritte würden jetzt geprüft. Der Paragraph 69 Bundesnaturschutzgesetz sehe Strafen bis 50 000 Euro vor, wenn Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Tieren vernichtet werden, informiert Willers.

Ein Baum dieser Größenordnung stelle einen riesigen Lebensraum da, in dem rund 1000 Käfer- und 200 Schmetterlingsarten lebten, darunter zum Beispiel Feuerwanzen, Nachtpfauenaugen und Pappelschwärmer. Sie wiederum seien Nahrung für Vögel und Fledermäuse, verweist der Naturfreund auf die weitreichende Nahrungskette.

Tatsächlich sei mit dem Eigentümer etwas anderes vereinbart worden, sagt Birgit Kulgemeyer, Leiterin des Fachbereichs Bauen, Planen, Umwelt in der Kreisverwaltung auf Nachfrage der EZ. Wie berichtet, sollte der Antrag neu geprüft werden, nachdem Bürger und BUND sich dagegen ausgesprochen haben, den ortsprägenden Baum zu fällen. Ende September sei abgesprochen worden, keine Fakten zu schaffen (die EZ berichtete). "Das ist jetzt nicht so, wie es hätte sein sollen", erklärt Kulgemeyer. In einem gemeinsamen Gespräch noch in dieser Woche soll die Angelegenheit noch einmal besprochen werden. Tatsache sei allerdings, dass der Eigentümer eine Fällgenehmigung besitzt, stellt sie klar.

Diese habe der Eigentümer, der nicht genannt werden möchte, auch vorgelegt, heißt es von der Polizei. Die bestätigt auch, dass sich durch die Einschnitte in die Rinde kein erhöhtes Gefahrenpotential ergibt. Als Grund dafür, dass er die Linde an dem Tag nicht gefällt hat, soll der Eigentümer erklärt haben, dass die Motorsäge den Dienst versagt hätte.

Willers hingegen sieht das anders. Die beiden Schnitte seien nicht als Fällvorbereitung zu werten, sagt der gelernte Gärtner und studierte Biologe. Aus seiner Sicht gebe es keinen Grund, den Baum abzuholzen. Der Abstand zum Gebäude reiche aus, um ohne Mühe eine Wurzelsperre zu installieren und auf diese Weise Schäden am Mauerwerk zu verhindern. Dass der Asphalt zu Straße hin angehoben wurde, sei kein Wunder, denn der reicht bis direkt an den Baum. "Das ist gar nicht zulässig", sagt Willers.

Während er die tiefen Schnitte in Ausgenschein nahm, näherte sich der Eigentümer, um ihn von seinem Grundstück zu verweisen. Willers tritt einen Schritt zurück und steht dann auf öffentlichem Grund. Zur Sache äußern will sich der sichtlich erregte Eigentümer nicht, auch nicht gegenüber unserer Zeitung.

Um der Linde Willen hatte sich im Dorf schon vor Wochen Widerstand formiert. Engagierte Baumfreunde hatten rund 100 Unterschriften gesammelt. Sie wollten erreichen, dass die Linde nicht übereilt aus wirtschaftlichen Gründen gefällt wird. Mit diesem Anliegen waren sie auch in der Sprechstunde des Bürgermeisters vorstellig geworden. Alle Bemühungen waren jedoch umsonst. Der Baum, der zwei Weltkriege überdauert hat, sei nicht mehr zu retten, sagt Willers: "Die Linde wird jetzt schnell ihre Blätter verlieren und sterben."
 

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 28.10.2010

Quellenangabe und Copyright:
20.10.2011 | Ute Thomsen | Eckernförder Zeitung, shz.de