Gemeinde Kosel

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Anwohner sorgt sich um Verlandung der Schlei und dringt auf Ursachensuche für Wachstum von Kamm-Laichkraut und Schilf am Schleiufer

Es ist gut zwei Meter lang, wächst vom Grund der Schlei bis zur Oberfläche, wo es blüht und sorgt seit wenigen Jahren für Sorgen - das so genannte Kamm-Laichkraut, eine Art Algen. Wiederholt haben die Gemeinden Fleckeby und zuletzt Kosel versucht, mit technischen Mitteln das Kraut von ihren Badestellen an der Schlei zu beseitigen (wir berichteten). An den Ursachen dieses Wachstums ändert das nichts, stellt Dr. Andreas Franke-Thiele fest.

Franke-Thiele ist Biologielehrer und seit vielen Jahren in der Klimaforschung und im Umweltschutz aktiv. Seit gut 15 Jahren ist Kosel für den Hamburger die zweite Heimat. Massive Veränderungen an der Schlei hat er in der Zeit festgestellt. Er fordert dazu auf, dem Phänomen Kamm-Laichkraut, andere nennen es Kammkraut, nachzugehen. "Wir müssen eine Verlandung der Schlei und zuwachsen mit Schilf verhindern". Baden in und selbst Surfen durch den breiten Gürtel mit Unterwasserbewuchs in Weseby sei nahezu unmöglich, sagt er. Er möchte das Bewusstsein für die Schlei wecken.

Der Gemeinde ist das Problem bekannt, räumt Bürgermeister Hartmut Keinberger (CDU) ein. "Wir stehen ganz am Anfang", sagt er. Man arbeite an einer technischen Verfeinerung eines Mähbalkens, um das Kraut zu entfernen. Die Reinigungsaktion sei nur der erste Versuch gewesen. In der Gemeindevertretung werde er das Thema vorstellen, denn ganz klar sei Kosel eine touristische Gemeinde - Badestellen an der Schlei gehörten dazu. Touristisch sei es auf jeden Fall auch ein Thema für die Ostseefjord Schlei GmbH, bestätigt deren neuer Geschäftsführer Max Triphaus auf EZ-Nachfrage. Beschwerden seien ihm noch keine gemeldet worden. Er werde bei seiner Vorstellungsreise das Thema ansprechen, so Triphaus.

Als Ursache für das Wachstum von Algen und Schilf vermutet Franke-Thiele eine Überdüngung der Schlei. Die Schadstoffbelastung des Wassers sei zwar gesunken, aber was an Nährstoffen in die Schlei gelange, das werde nicht erfasst. So würden zwar Badestellen auf die Wasserqualität beprobt, aber nur auf die Indikatoren für Darmbakterien. So sieht die Badegewässerrichtlinie des Landes nur Proben auf Escheria coli und intestinale Enterokokken vor. Viel wichtiger wäre es, Nährstoffeinträge zu reduzieren. Diese gelangten durch Erosion von Boden und Dünger in Vorfluter. Und er habe auch schon im Winter beobachtet, wie von landwirtschaftlichen Flächen "Gülle" in die Schlei oder in Vorfluter gelangte. Gleiches bestätigt Karl Walther, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Kosel. Auch er kritisiert die Nichtbeachtung der Düngeverordnung und hatte ebenfalls Verschmutzungen festgestellt. "Positive Effekte des Baus von Kläranlagen würden durch unsachgemäße Ausbringung von Gülle zunichte gemacht", sagt er auf Nachfrage der EZ.

Tatsächlich wurden dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in diesem Winter viele Fälle angezeigt, bestätigt Cornelia Weber, zuständig für die Düngemittelverordnung im Kreisgebiet. Dabei gilt eine Sperrzeit, in der die Ausbringung von mineralischen und organischen Düngemitteln vom 1. November bis Ende Januar auf Ackerland, und vom 15. November bis Ende Januar auf Grünland untersagt ist. Auch danach könne weiterhin ein Verbot gelten, wenn der Boden gefroren, mit Schnee bedeckt oder mit Wasser gesättigt sei, erklärt Weber. Mit Bußgeldern und auch Kürzungen ihrer Flächenprämien müssten Verursacher rechnen. Beobachtungen können auch der Polizei gemeldet werden.

Wer direkte Einleitungen von Abwässern oder Gülle in Gewässer beobachtet, kann sich auch an die Kreisverwaltung in Rendsburg wenden. Dort ist Michael Wittl im Fachdienst Wasser, Bodenschutz und Abfall tätig. Er bestätigt, dass Keimeinträge aus Kläranlagen und Kleinkläranlagen in die Schlei erfolgten. Eine Pflicht der Betreiber, das Wasser mit UV-Licht zu bestrahlen, um Keime abzutöten, gebe es nicht - die Einleitung rechtlich in Ordnung. Zugleich appelliert er auf Düngergaben in der Badezeit und in der Nähe von Badegewässern zu verzichten. Über Starkregen und Drainagen könnten Nährstoffe in die Schlei gelangen, so Wittl.

Und auch Amtsdirektor Gunnar Bock und Bauamtsleiter Norbert Jordan vom Amt Schlei-Ostsee wissen um die Sorgen der Anliegergemeinden um das Kamm-Laichkraut. Sie bieten Hilfe bei der Zusammenarbeit mit weiteren Schleianliegergemeinden an.

Auch wenn 2008 mit dem Gutachten zur Verbesserung und Sicherstellung der Badegewässerqualität im Kreis durch die Fachhochschule Lübeck der Start für ein Wassermanagement gegeben wurde, so hätten bislang vermeintlich positive Effekte für das Wasser keinen Erfolg gebracht, so Franke-Thiele. Dabei erinnert er an die Schließung der Zuckerfabrik 2003 in Schleswig oder die Schließung der Kläranlage Fleckeby 2010, deren Abwässer ins Klärwerk Schleswig gepumpt werden. Das Kraut sei weiter stark gewachen und mit ihm auch das Schilf. Abgestorbenes Kraut lagere sich zum Beispiel am Fuß der Steilküste von Weseby an. Darin sammelt sich Sand, in dem Schilf Halt zum Wurzeln findet. Vor fünf Jahren habe es an der Wesebyer Steilküste kein Schilf geben, sagt Franke-Thiele. Es war ein aktives Kliff. Heute sei es eine grüne Steilküste mit Schilfgürtel. Er fordert mehr Wasseruntersuchungen und Messreihen, um Ursachen für die Veränderung zu ermitteln.

Karl Walther regt die Bildung einer Arbeitsgruppe an, in denen Vertreter der Gemeindevertretungen eines Vorfluters zusammenarbeiten. Sie könnten von Bürgern eingeschaltet werden, wenn Verstöße gegen die Düngeverordnung beobachtet würden. Zunächst sollten einvernehmlich Lösungen mit Verursachern gefunden werden, bevor als letzter Schritt Anzeigen erfolgten.


 

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 30.07.2013

Quellenangabe und Copyright:
12.07.2013 | Dirk Steinmetz | Eckernförder Zeitung, shz.de